Harmen Hummelen, Bayer EMEA Field Quality Lead
Der Pepinomosaikvirus (PepMV) ist in vielen Ländern, in denen Tomaten angebaut werden, verbreitet.
Auch der neue Tomato Brown Rugose Fruit Virus (ToBRFV) kommt immer häufiger vor. Dadurch entsteht das Risiko, dass die Tomaten mit PepMV, ToBRFV, oder einer Kombination aus beiden, infiziert werden können. Es ist daher wichtig zu wissen, wie die Pflanzen am besten geschützt werden können, und ob die Reihenfolge aufeinander folgender Virusinfektionen zu einem Unterschied hinsichtlich der Symptome oder des Erscheinungsbilds der Infektion führt. In diesem Artikel werden die Wirkungsweisen der verschiedenen Viren erläutert.
Was macht ein Virus in Pflanzenzellen: Virusreplikation
Viren bestehen aus genetischem Material – Desoxyribonukleinsäure (DNA) oder Ribonukleinsäure (RNA) –, einer Proteinhülle, die die DNA oder RNA schützt, und einem Bewegungsprotein, das dem Erreger hilft, sich in der Pflanze auszubreiten. Die Vermehrung der Virus-DNA (oder -RNA) erfolgt also tatsächlich in den Pflanzenzellen.
Wenn der Virus in die Zelle eindringt, erfasst die Pflanze seine DNA oder RNA. Dann vervielfältigt es diese, was zu einer Virusvermehrung führt. Während die RNA vervielfältigt wird, beginnt die Zelle mit der Herstellung von Proteinhüllen und Bewegungsproteinen. Hierdurch entsteht ein neuer lebensfähiger Virus, der sich auf die nächste Pflanzenzelle übertragen kann. Dieser Vorgang wiederholt sich und auf diese Weise werden in jeder Zelle eine Vielzahl von Kopien des Virus gebildet. Dies führt zu einer steigenden Viruskonzentration in der Pflanze und somit zu einer Infektion.
Durch sekundäre Viren verursachte Infektionen
Wenn Pflanzen mit einem zweiten Virus infiziert werden, kann sich auch dieser neue Virus schnell in der Pflanze vermehren. Die Replikation des zweiten Virus kann noch schneller erfolgen, da einige für die Infektion durch den neuen Virus wesentliche Proteine bereits durch den ersten Virus in der Pflanze vorhanden sind. Zum Beispiel können die Bewegungsproteine des ersten Virus möglicherweise auch von dem neuen Virus genutzt werden, um sich in der Pflanze auszubreiten.
Viren können sich unterschiedlich aufeinander auswirken und die Folgen sind nicht immer gleich. Es können drei verschiedene Arten von Interaktionen auftreten:
- Synergie: Die Viren unterstützen sich gegenseitig und die Symptome beider Viren werden stärker.
- Antagonismus: Ein Virus ist dominanter und verringert so die Auswirkungen des anderen Virus.
- Die beiden Viren haben keinen Einfluss aufeinander.
In einigen Fällen wurde ToBRFV zusammen mit anderen Viren wie zum Beispiel PepMV, Tomatenbronzefleckenvirus (TSWV), oder Tomatenmosaikvirus (ToMV) nachgewiesen. Es war zu beobachten, dass Blattsymptome ausgeprägter sind, wenn auf eine ToBRFV-Infektion eine PepMV-Infektion folgt.
Es wird vermutet, dass dies auch für andere Viren wie TSWV oder Tomato Yellow Leaf Curl Virus (TYLCV) gilt. Bei keinem dieser Viren ist bekannt, ob diese ausgeprägteren Symptome aufgrund einer Synergie auftreten oder auf andere Stressfaktoren zurückzuführen sind. Als Ursache wäre auch eine suboptimale Wachstumsumgebung der Pflanze möglich.
ToBRFV kann leicht nachgewiesen werden, aber selbst dann muss die Pflanze noch auf andere Viren untersucht werden.
Diese können nämlich einige bis alle der sichtbaren Symptome verursachen.
Bayer testet einzelne ToBRFV-Infektion und ToBRFV-Infektion in Kombination mit PepMV
Wie bereits erwähnt, gibt es viele mögliche Infektionskombinationen. Es könnte sich also um eine Kombination von ToBRFV mit PepMV oder umgekehrt handeln, oder sogar um eine Tri-Infektion mit TYLCV. Basierend auf unseren eigenen Beobachtungen und fachlich-inhaltlichen Diskussionen mit unseren Kunden, prüft Bayer neue Tomatensorten durch zwei Methoden, die die Praktiken der Landwirte am besten widerspiegeln: mit kontrollierter Infektion von PepMV* gefolgt von ToBRFV-Infektion (hier als gleichzeitige Infektion bezeichnet).
*PepMV wird durch eine Beimpfung eingeführt
In unseren Versuchen wird die ToBRFV-Inokulation in einem frühen Stadium durchgeführt, einige Wochen nach der Aussaat. Unserer Erfahrung nach sind vor allem junge Pflanzen sehr anfällig für ToBRFV, da sich der Virus schnell vermehrt und sichtbare, jedoch keine extremen Symptome verursacht. Es bestehen offenbar keine Unterschiede zwischen Symptomen, die durch eine einzelne ToBRFV-Infektion verursacht werden, und denen, die durch eine ToBRFV-Infektion nach einer Impfung mit PepMV verursacht werden. Symptome wie braune Flecken und Ringe sind höchstwahrscheinlich auf ToBRFV zurückzuführen.
Dies deutet darauf hin, dass sich der Virus in jungen Pflanzen, die sehr schnell und aktiv wachsen, verstärkt vermehrt und hohe Werte erreicht.
Kein Wundermittel zur Bekämpfung von Doppelinfektionen mit ToBRFV
Die Doppelinfektion mit aggressiven Viren stellt ein großes Risiko dar, da diese unkontrollierten Infektionen die Erträge verringern.
Die Landwirte sollten während des gesamten Anbaus ein hohes Hygieneniveau anstreben, um die Zahl der ertragsfähigen Pflanzen zu maximieren und die Zahl der Pflanzen mit ToBRFV-Infektionen bis zum Ende des Anbauzyklus zu minimieren.